Fuldaer Informationsdienst für angewandte Gesundheitswissenschaften und klinische Praxis

Physiotherapeutische Maßnahmen bei Restless Legs Syndrom

[erstellt 23/Apr/2009]

Frage

Welche physiotherapeutischen Therapieverfahren sind bei einem Restless Legs Syndrom wirksam?

Hintergrund

Das Restless Legs Syndrom (RLS) ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen mit einer Auftretenshäufigkeit von 3% bis 10% mit typischem Manifestationsalter jenseits des 30. Lebensjahres [1]. Frauen sind häufiger als Männer betroffen. Die Diagnosestellung erfolgt anhand klinischer Kriterien wie [1]:

Die medikamentösen Therapieoptionen fokussieren eine auf die Linderung der typischen Symptome ausgerichtete Strategie unter Anwendung von L-Dopa Präparaten in Kombination mit Benserazid sowie den nicht-ergolinen Dopaminagonisten Ropinirol und Pramipexol [1].

Antwort

Leitlinien nationaler und internationaler Fachgesellschaften zur Versorgung von Patienten und Patientinnen mit RLS weisen Maßnahmen der physikalischen Therapie nicht explizit als eine die primär medikamentös ausgerichtete Behandlungsstrategie ergänzende Therapieoption aus [1; 2]. In Analogie zu den oben genannten Diagnosekriterien finden sich aber Hinweise auf eine Verbesserung der typischen Symptome durch körperliche Bewegung bzw. Übung.

Die deutschen Heilmittelrichtlinien sehen ein Restless Legs Syndrom nicht als Indikation vor, die die Verordnung eines physiotherapeutischen Heilmittels zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung rechtfertigt [3].

Klinischen Studien, die die Wirksamkeit einer physiotherapeutischen Intervention bei RLS untersuchen, konnten in den Datenbanken PEDro, Cochrane Library, EMBASE/MEDLINE, CINAHL nicht identifiziert werden. Eine Einzelfalldarstellung, die von der Wirksamkeit einer Massagetherapie bei einer Patientin mit RLS berichtet, bleibt aufgrund der geringen Verallgemeinerbarkeit dieses Studientyps unberücksichtigt [4].

Vor dem Hintergrund der Hinweise zur Verbesserung des Restless Legs Syndroms bei körperlicher Bewegung wird im Folgenden eine klinische Studie ausführlicher beschrieben. Aukermann et al. [5] testeten den Effekt eines zwölfwöchigen Übungsprogramms für Patientinnen und Patienten mit einem sicher diagnostizierten RLS in einer kontrollierten und randomisierten klinische Studie (RCT). Die elf Teilnehmenden der Interventionsgruppe übten dreimal wöchentlich sowohl ein aerobes Training als auch ein Widerstandstraining zur Stärkung der Beinmuskulatur aus. 17 Teilnehmende (von insgesamt 28) nahmen in der Vergleichsgruppe an keinem Trainingsprogramm teil. Der Trainingsplan für die Interventionsgruppe sah eine Übungsausführung mit 50% der Maximalkraft (One Repitition Maximum, 1-RM) analog zu folgendem Schema vor:

Nach sechs und zwölf Wochen konnten statistisch signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen in der Schwere der Symptomausprägung gezeigt werden. Die Teilnehmenden der Trainingsgruppe konnten die Symptomausprägungen verringern sowohl im Vergleich mit ihren Werten zu Studienbeginn als auch im Vergleich mit der Kontrollgruppe (die kein Training erhalten hatte) nach Studienende. In der Kontrollgruppe verließen fünf Teilnehmende die Studie vorzeitig.

Die Autoren schlussfolgern, dass ein regelmäßig durchgeführtes Übungsprogramm den Schweregrad der Symptomausprägung bei Vorliegen eines sicher diagnostizierten RLS reduzieren und eine potentielle Ergänzung zu etablierten pharmakologischen Therapieoptionen darstellen kann. Diese Schlussfolgerung ist mit Vorsicht zu interpretieren, da die randomisierte, kontrollierte Studie von Aukermann et al. methodische Mängel aufweist (Limitierungen werden von den Autoren teilweise auch diskutiert) und kein Vergleich von zwei adäquaten Interventionen untersucht wurde.

Literatur

  1. Deutsche Gesellschaft für Neurologie: Restless Legs Syndrom (RLS) und Periodic Limb Movement Disorder (PLMD). AWMF-Leitlinien-Register Nr. 030/081 (Stand: Oktober 2008). Kommission „Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie“: 2008. Abrufbar unter: http://www.awmf-online.de (Zugriff: 27.04.2009).
  2. Vignatelli L.; Billiard M.; Clarenbach P.; Garcia-Borreguero D.; Kaynak D.; Liesiene V.; Trenkwalder C.; Montagna P.: EFNS guidelines on management of restless legs syndrome and periodic limb movement disorder in sleep. European Journal of Neurology 2006, 13 (10): 1049-1065.
  3. Heilmittelkatalog online: Heilmittel der physikalischen Therapie. Diagnoseindex gesamt. 2004. Abrufbar unter: http://www.heilmittelkatalog.de/physio/diag.htm (Zugriff: 28.04.2009).
  4. Russell M.: Massage therapy and restless legs syndrome. Journal of Bodywork & Movement Therapies 2007, 11 (2): 146-150.
  5. Aukerman M.M.; Aukerman D.; Bayard M.; Tudiver F.; Thorp L.; Bailey B.: Exercise and restless legs syndrome: a randomized controlled trial. Journal of the American Board of Family Medicine 2006, 19 (5): 487-493.

Suchanfrage in Datenbanken/Informationsquellen

Physiotherapy Evidence Database (PEDro), Cochrane Library, EMBASE/MEDLINE, CINAHL Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), National Library of Guidelines (Library of Experts), National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE)

Verwendete Suchbegriffe

restless legs, restless legs syndrome, physical therapy (modalities/ specialty), mobilisation, exercise

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http://www.findax.de/downloads/physiotherapie-restless-legs-syndrom.pdf

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