Fuldaer Informationsdienst für angewandte Gesundheitswissenschaften und klinische Praxis

Infektionen mit Extended-Spectrum Beta-Lactamase bildenden Enterobakterien

[erstellt 20/Mrz/2009]

Frage

Welche Verfahren sind bei einer Besiedelung mit Extended-Spectrum-Beta-Lactamase (ESBL) bildenden gramnegativen Stäbchenbakterien (ESBL-Bildner) 1. am Button-Stoma(system) und 2. in der Perinealregion wirksam?

Hintergrund

Die Konfrontation mit multiresistenten Bakterienstämmen wie etwa Methicillin-resistentem Staphylococcus Aureus (MRSA) oder Vancomycin-Resistenten Enterokokken (VRE), insbesondere durch die therapeutische Anwendung von Breitbandantibiotika hervorgerufen, ist vor allem in stationären Versorgungsbereichen ein seit langem bekanntes Problem. Darüber hinaus häuft sich seit einigen Jahren das Auftreten von Bakterienstämmen (Enterobakterien, v.a. Escherichia coli sowie Klebsiella pneumoniae), deren Resistenzentwicklung vor allem die Gruppe der Beta-Lactam Antibiotika betrifft. Eine durch Genmutationen dieser Enterobakterien verursachte erweiterte Resistenzentwicklung gegen Antibiotika aus der Gruppe der Beta-Lactamen wird durch Bakterienenzyme, sog. Extended-Spectrum Beta-Lactamasen (ESBL), verursacht [1].

Antwort

Durch die systematische Literaturrecherche in den Datenbanken Cochrane Library, CINAHL, EMBASE/MEDLINE konnte keine klinische Studie ermittelt werden, die die lokale Sanierung bzw. die lokale Dekolonisation eines mit ESBL-bildenden Enterobakterien besiedelten Stoma-Buttonsystems oder einer ESBL-Besiedelung in der Perinealregion untersucht. Hinweise auf das klinische Patientenmanagement im Falle einer Besiedelung mit multiresistenten gramnegativen Erregern liefert eine Leitlinie des amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention aus 2006 [2] sowie eine Leitlinie aus 2007, die von dem neuseeländischen Gesundheitsministerium herausgegeben wurde [3]. Die Autorengruppen beider Leitlinien weisen in ihren Publikationen darauf hin, dass die Dekolonisierung bzw. Sanierung mit ESBL-Bildnern besiedelter Körperregionen nicht erfolgversprechend möglich sei. Bei kolonisierten Personen sollen die folgenden Verfahrens- und Handlungsanweisungen zur Unterbrechung von Transmissionswegen angewendet werden.

Personal
Personal, das mit ESBL-bildenden Enterbobakterien kolonisierten oder infizierten Personen Kontakt hat, sollte über den positiven Befund informiert sein und konsequent die Anforderungen an ein transmissionsfreies Arbeiten einhalten (vor allem strenge Handhygiene). Ggf. sollten bei Verrichtungen mit unmittelbarem Patientenkontakt Handschuhe sowie Schutzkittel getragen werden [3]. Refresher-Fortbildungen zur adäquaten Handhygiene sowie anderer Standard-Schutzmaßnahmen können zu einem transmissionsfreien klinischen Arbeiten beitragen [2]. Kooperationsfähige Patientinnen und Patienten sollten zur eigenständigen Handhygiene angehalten werden.
Patiententransfer zwischen Einrichtungen
Die Kolonisation oder Infektion mit ESBL-Bildnern stellt keine Kontraindikation für einen Transfer betroffener Patientinnen und Patienten zwischen unterschiedlichen Einrichtungen dar. Jedoch sollte die aufnehmende Einrichtung über die Kolonisierung bzw. Infektion informiert werden [3].
Screening von Patientinnen, Patienten und Personal
Ein obligatorisches Screening der Kolonisationsrate des Personals bei sporadisch aufgetretenen Kolonisationen der Patientinnen und Patienten ist nicht erforderlich [3]. Sind zwei oder mehr Personen derselben Station bzw. Funktionseinheit infiziert oder kolonisiert, kann ein Überwachungsplan bei der Bestimmung des Ausmaßes der Transmissionen helfen. Dazu gehören auch Abstriche und Bakterienkulturen von Patientinnen und Patienten mit engem Kontakt zu ESBL-Trägern (z.B. Bewohner desselben Zimmers).
Patientenmanagement
Eine Isolation kolonisierter Personen ist nicht erforderlich. Ebenso wenig stellt eine Kolonisierung unter den meisten Umständen eine Kontraindikation für die Teilnahme an Gemeinschaftsaktivitäten dar (Ausnahmen können Inkontinenz, starker Husten sowie offene, nässende Wunden sein) [2; 3]. Dagegen stellen Patientinnen und Patienten mit akuten Infektionen ein erhöhtes Transmissionsrisiko dar und sollten für die Dauer positiver Befunde isoliert untergebracht werden [2; 3]. Gegenstände mit hoher Kontaktfrequenz in der Umgebung ESBL-positiver Personen sollten konsequent einer adäquaten Desinfektion und Reinigung unterzogen werden.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass für eine Sanierung einer ESBL-Kolonisierung die konsequente Anwendung von Maßnahmen zur Infektions- und Transmissionsprophylaxe empfohlen wird. Der Einsatz von Beta-Lactam Antibiotika wie Cephalosporine der 4. Generation sowie Fluorochinolone ist ausschließlich bei erfolgter Infektion, nicht bereits bei Kolonisation angezeigt (Gefahr der Resistenzentwicklung) [1]. Für Infektionen, die durch ESBL-bildende Bakterienstämme induziert sind, werden Carbapeneme als Therapieoptionen empfohlen [2].

Literatur

  1. Robert Koch Institut: ESBL und AmpC: β-Laktamasesn als eine Hauptursache der Cephalosporinresistenz bei Enterobakterien. Nr. 28. RKI: Berlin 2007. Abrufbar unter: www.rki.de/cln_100/nn_200238/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2007/Ausschnitte/ESBL__28__07,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/ESBL_28_07.pdf (Zugriff: 27.03.2009).
  2. Siegel J.; Rhinehart E.; Jackson M.; Chiarello L.: Management of Multidrug-Resistant Organisms in Healthcare Settings. Healthcare Infection Control Practices Advisory Committee (HICPAC), Center for Disease Control and Prevention (CDC): 2006. Abrufbar unter: http://www.cdc.gov/ncidod/dhqp/pdf/ar/mdroguideline2006.pdf (Zugriff: 27.03.2009).
  3. New Zealand Ministry of Health: Guidelines for the Control of Multi-drug resistant Organisms in New Zealand. Antibiotic Resistance Advisory Group (ARAG): Wellington Dec 2007. Abrufbar unter: http://www.moh.govt.nz/moh.nsf/pagesmh/7257/$File/guidelines-for-control-of-multidrug-resistant-organisms-dec07.pdf (Zugriff: 27.03.2009).

Suchanfragen in Datenbanken/Informationsquellen

Cochrane Library, CINAHL, EMBASE/MEDLINE, Robert Koch Institut, National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE), Scottish Intercollegiate Guidelines Network (SIGN), Center for Disease Control and Prevention (CDC), Internetrecherche

Verwendete Suchbegriffe

beta lactamases, beta lactam resistance, lactamase, enterobacteriaceae infections, extended spectrum, perineum, perineal care, gastrostomy, percutaneous, button

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