Fuldaer Informationsdienst für angewandte Gesundheitswissenschaften und klinische Praxis
[erstellt 12/Jun/2008] [aktualisiert 25/Mrz/2010]
Sind alkoholische Desinfektionsmaßnahmen am Katheteranschlussstück bei Patienten mit liegender Venenverweilkanüle bzw. zentralem Venenkatheter und Portsystemen vor dem Wechsel oder Anschluss des neuen Infusionssystems zur Verhütung einer katheterassoziierten Gefäßinfektion sinnvoll?
Katheterassoziierte Infektionen sind eine sehr häufige Komplikation bei der Verwendung von zentralen Venenkathetern (ZVK). Dabei spielen insbesondere extraluminale und, bei zunehmender Verweildauer des Katheters, luminale Infektionswege eine zentrale Rolle. Besonders risikobehaftet für einen Keimeintritt in den Katheter und die Entwicklung von Infektionen sind Verrichtungen und Manipulationen an dessen Verbindungsstück wie z.B. Diskonnektionen bei einem Wechsel des Infusionssystems [1].
Für die Beantwortung der Fragestellung wurde eine internationale Leitlinienrecherche durchgeführt. Die im Folgenden vorgestellten Empfehlungen entstammen aktuell geltenden Leitlinien. An dieser Stelle wird darauf hingewiesen, dass die meisten Empfehlungen eine geringe Empfehlungsstärke aufweisen, die von den Leitlinienentwicklern durch den Mangel an methodisch hochwertigen zufallskontrollierten Studien oder Beobachtungsstudien begründet werden.
Das Robert Koch-Institut (RKI) empfiehlt vor der Konnektierung des Infusionssystems an vollständig implantierte vasale Systeme (Portsysteme) eine sorgfältige und großflächige Desinfektion der Punktionsstelle. Bei dem Anschluss eines Infusionssystems muss auf ein aseptisches Konnektieren geachtet werden. Bei einem Verbandwechsel bei angeschlossener Portnadel sind die infektionspräventiven Maßnahmen wie bei einem zentralen Venenkatheter durchzuführen [1].
Zur Konnektion/Diskonnektion von Infusionssystemen schreibt das RKI [1: 12]: „Vor einer Konnektion/Diskonnektion des Infusionssystems ist eine hygienische Händedesinfektion durchzuführen. Die alkoholische Desinfektion des Katheteransatzstückes oder des Dreiwegehahnes vor Konnektion kann dessen mikrobielle Kontamination reduzieren, eine Reduktion Katheterassoziierter Infektionen durch diese Maßnahme konnte bislang jedoch nicht nachgewiesen werden. Da Inkompatibilitäten zwischen Desinfektionsmittel und Kathetermaterial bestehen können, die ihrerseits ein Risiko für Materialschäden darstellen, ist eine Aussage zur Desinfektion des Ansatzes/Dreiwegehahnes derzeit nicht möglich. Nach jeder Diskonnektion ist ein neuer, steriler Verschlussstopfen aufzusetzen.“
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat im Jahr 2002 eine Leitlinie zur Prävention von im Krankenhaus erworbenen Infektionen vorgelegt, die sich unter anderem Katheterassoziierten Infektionen und deren Vermeidung widmet [2]. Die WHO verweist auf die Notwendigkeit eines streng aseptischen Handlings von zentralen Venenkathetern inklusive der Oberflächen-Desinfektion von Katheteransatzstücken und Zuspritzstellen.
In einer Leitlinie zur Vermeidung nosokomialer Infektionen aus dem Jahr 2003 empfiehlt das englische National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) auf Grundlage einer umfassenden Bewertung der internationalen Studienlage zu Gefäßkatheterassoziierten Infektionen, das Katheteransatzstück sowohl vor als auch nach einem Anschluss zu desinfizieren [3]. NICE befürwortet die Verwendung eines alkoholischen Desinfektionsmittels oder eines Desinfektionsmittels, welches auf der Basis von Chlorhexidinglukonat hergestellt wurde. NICE fordert nachdrücklich auf, bei der Anwendung von Desinfektionsmitteln deren Verträglichkeit mit dem Kathetermaterial zu prüfen.
Auch die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) haben im Jahr 2002 zu der Problematik Katheterassoziierter Infektionen eine Leitlinie zur Handhabung intravasaler Katheter veröffentlicht, die derzeit aktualisiert wird [4]. Bei Manipulationen am Katheter ist auf ein streng aseptisches Handling zu achten. Bei nadellosen Systemen empfehlen die Autoren das Abwischen der Access Ports mit einem geeigneten Desinfektionsmittel für die Prävention Katheterassoziierter Infektionen. Zur Desinfektion der Zuspritzstellen wird die Verwendung eines alkoholischen Desinfektionsmittels (70%) oder Iodophor empfohlen.
Im Auftrag des britischen Gesundheitsministeriums (Departement of Health) wurde im Jahr 2007 die überarbeitete und derzeit gültige Version einer Leitlinie zur Vermeidung nosokomialer Infektionen in Krankenhäusern veröffentlicht [5]. In dieser Leitlinie empfehlen die Autoren die alkoholische Desinfektion des Katheteransatzstückes sowie der Zuspritzstellen an zentralen Venenzugängen mit einem alkoholischen Desinfektionsmittel – vorzugsweise die Verwendung einer Lösung aus 2%igem Chlorhexidinglukonat in 70%igem Isopropylalkohol [5]. Diese Empfehlungen werden von den Leitlinienautoren als „gute, klinische Praxis“ empfohlen.
Zur Verwendung eines geeigneten Desinfektionsmittels wird darauf hingewiesen, dass für die Desinfektion in Deutschland ein nach dem Verbund für Angewandte Hygiene e.V. (VAH) gelistetes Desinfektionsmittel zu verwenden ist (früher DGHM-Liste: „Liste der nach den Richtlinien für die Prüfung chemischer Desinfektionsmittel geprüften und von der deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie als wirksam befundenen Desinfektionsverfahren“). In dieser Desinfektionsmittel-Liste sind alle vom VAH zertifizierten und für wirksam befundenen Präparate enthalten, die den gesetzlichen Anforderungen an die Qualitätssicherung der prophylaktischen Desinfektion entsprechen (http://www.vah-online.de). Die Liste ist Grundlage für die Auswahl von Desinfektionsmitteln für die routinemäßige und prophylaktische Desinfektion in Krankenhaus und Praxis sowie in öffentlichen Bereichen, in denen Infektionen übertragen werden können.
Für Routinemaßnahmen sind die Desinfektionsmittel der Liste vom VAH gegenüber den Desinfektionsmitteln der RKI-Liste zu bevorzugen [6], da geringere Konzentrationen und/oder Einwirkzeiten empfohlen werden. Dem Vorwort zur Desinfektionsmittel-Liste des RKI vom 30.10.2007 kann entnommen werden [7: 1333]: „Zwischen der Desinfektionsmittel-Liste des RKI und der Desinfektionsmittel-Liste des VAH bestehen insbesondere in den Angaben zur Flächen- und Instrumentendesinfektion wesentliche Unterschiede. Die Ursachen liegen in den unterschiedlichen Aufgaben der Listen und dementsprechend in den unterschiedlichen Prüfmethoden und Bewertungskriterien. Die Liste der VAH ist in erster Linie auf die Routine (laufende Desinfektion) ausgerichtet, die Liste des RKI vornehmlich auf die behördlich angeordnete Desinfektion.“
Robert Koch-Institut (RKI), Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), Guidelines International Network (G-I-N), National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE), Scottish Intercollegiate Guidelines Network (SIGN), Weltgesundheitsorganisation (WHO)
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Diese Frage steht als pdf-download zur Verfügung:
http://www.findax.de/downloads/desinfektion-katheteranschluss.pdf
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